Elternunterhalt ab BGH vom 7.8.2013, XII ZB 269/12
Elternunterhalt2.1
Elternunterhalt | Vers. 2.1 | aktualisiert: | Feb | 2014 | |||||||||
Grundlagen | BGB § 1601 | Verwandte in gerader Linie sind einander unterhaltspflichtig. | |||||||||||
BGB § 1609 | Rangfolge: Eltern nur 6. Rang. Vorrangig Kinder, Ehegatte pp. | ||||||||||||
BGB § 1603 | Eigener angemessener Unterhalt des Pflichtigen | ||||||||||||
Einsatz von Vermögen des Unterhaltspflichtigen | |||||||||||||
BGH Beschluss 7.8.2013 | AZ XII ZB 269/12 =FamRZ 2013, 1554 | Achtung: | |||||||||||
Der Wert einer selbst genutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung | Wohl nur ein den jeweiligen Verhältnissen | ||||||||||||
des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch | angemessenes Wohneigentun, | ||||||||||||
genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt. | BGH FamRZ 2003, 1979. | ||||||||||||
Sonstiges Vermögen in einer Höhe wie es sich aus der Anlage von | Achtung: | ||||||||||||
5% des Jahresbruttoeinkommens ergibt, braucht vor dem Bezug der | Sobald Elternunterhaltspflichtiger selbst | ||||||||||||
Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt | in Altersversorgung, muss er sein Vermögen | ||||||||||||
eingesetzt zu werden. (5% ab Beginn Erwerbsleben zzgl. Kapital- | einsetzen (außer selbst genutzter Immobilie). | ||||||||||||
verzinsung von 4%, auch wenn Zinsen gesunken, BGH FamRZ | Der Pflichtige sollte nach BGH kalkulieren, dass | ||||||||||||
2006, 1511 und FamRZ 2003, 1179) | er nach der Sterbetafel pünktlich ablebt | ||||||||||||
und er dann nicht mehr als 10.000 € besitzt. | |||||||||||||
Unten | Modellberechnung | Einsatz von Vermögen des Unterhaltspflichtigen | |||||||||||
Eingabe | Auswertung | ||||||||||||
11 | Tag | Geburtsdatum des Unterhaltspflichtigen | 11.11.1970 | ||||||||||
11 | Monat | ||||||||||||
1970 | Jahr | 11.11.1988 | = Pflichtiger 18 Jahre alt | ||||||||||
11.11.2035 | = Pflichtiger 65 Jahre alt | ||||||||||||
11.11.2037 | = Pflichtiger 67 Jahre alt | ||||||||||||
11.11.2040 | = 70 Jahre; Ruhestandsalter Notare | ||||||||||||
Eingabe | |||||||||||||
20 | Erwerbstätigkeitsjahre des Unterhaltspflichtigen | ||||||||||||
Auswertung | |||||||||||||
50000 | durchschnittliches Jahresbruttoeinkommen | 2500 | 5 | Prozent des Jahresbrutto | |||||||||
100 | 4 | Prozent Zins auf die 5 % vom Jahresbrutto | |||||||||||
2600 | pro Jahr ansparbar | ||||||||||||
52000 | bei | 20 | Erwerbsjahren ansparbar | ||||||||||
zuzüglich möglicherweise Zinseszins und | |||||||||||||
Bereinigung wegen der Geldentwertung | |||||||||||||
Einsatz von Einkommen des Unterhaltspflichtigen | |||||||||||||
Achtung: | |||||||||||||
1600 | Freibetrag des bereinigten Nettoeinkommens pro Monat | Berufsbedingten Aufwand, vorrangige | |||||||||||
bei Berufs- und Erwerbstätigen. | Unterhaltsansprüche, Schulden, Vorsorge | ||||||||||||
Von einem übersteigenden Einkommen kann die Hälfte | vorher abziehen. | ||||||||||||
für Elternunterhalt beansprucht werden. | |||||||||||||
Elternunterhaltspflichtiger hat kein Einkommen, nur Taschengeldanspruch gegenüber Ehegatten | |||||||||||||
Das Taschengeld eines Ehegatten ist grundsätzlich auch | Achtung: | ||||||||||||
für den Elternunterhalt einzusetzen. Dies gilt allerdings | Von der Forderung der Behörde sind noch | ||||||||||||
nicht in Höhe eines Betrages von 5-7% des Mindestselbst- | rund 30€/Monat übrig geblieben, die der BGH | ||||||||||||
behalts des Unterhaltspflichtigen sowie in Höhe etwa der | aber so auch nicht akzeptiert, sondern | ||||||||||||
Hälfte des darüber hinaus gehenden Taschengelds. | aufgehoben und zurück verwiesen hat. | ||||||||||||
BGH Urt. 12.12.2012 AZ XII ZR 43/11; NJW 2013, 686 | Der Widerstand gegen die Behörden- | ||||||||||||
mit Anmerkungen und guten Berechnungsbeispielen | forderung war erfolgreich. | ||||||||||||
2013, 690 (Mleczko) bei unterschiedl. Einkünfte Kind und | Einzelheiten sehr streitig! | ||||||||||||
Schwiegerkind. | |||||||||||||
Einsatz von Einkommen des Unterhaltspflichtigen und des Schwiegerkindes | Achtung: | ||||||||||||
- für Elternunterhalt Pflichtiger hat höheres Einkommen als sein Ehegatte - | Einzelheiten sehr streitig! | ||||||||||||
Vorgaben (BGH NJW 2010, 3161 mit Anm. Born, FamRZ 2010, 1535; | |||||||||||||
Mleczko NJW 2013, 690) - | |||||||||||||
Eingabe | Achtung: | ||||||||||||
3000 | = Einkommen Elternunterhaltspflichtiger | Berufsbedingten Aufwand, vorrangige | |||||||||||
1000 | Unterhaltsansprüche, Schulden, Vorsorge | ||||||||||||
4000 | vorher abziehen. | ||||||||||||
-2880 | = Familienselbstbehalt | davon | 1600 | = SB Elternunterhaltspflichtiger | |||||||||
davon | 1280 | = SB Ehegatte | |||||||||||
2880 | = Summe Familienselbstbehalt | ||||||||||||
1120 | = Zwischensumme Familieneinkünfte abzgl. Familienselbstbehalt | ||||||||||||
-112 | abzgl. % | 10 | Haushaltsersparnis | (nur von der Zwischensumme) | |||||||||
1008 | = Zwischensumme abzgl Haushaltsersparnis | ||||||||||||
504 | = Hälfte derZwischensumme | ||||||||||||
3384 | = Summe Familienselbstbehalt | zuzügl. | Hälfte derZwischensumme | ||||||||||
- das ist dann der "Individuelle Familienbedarf" | |||||||||||||
75 | = Prozent Anteil des | Elternunterhaltspflichtigen am | Familieneinkommen | ||||||||||
2538 | = Anteil des | Elternunterhaltspflichtigen am | Familieneinkommen | ||||||||||
3000 | = Einkommen Elternunterhaltspflichtiger | ||||||||||||
-2538 | abzüglich | Anteil des | Elternunterhaltspflichtigen am | Familieneinkommen | |||||||||
462 | Differenz für Elternunterhalt einsetzbar | ||||||||||||
Anmerkung: | Diese Berechnung gilt laut BGH selbstverständlich nur unter | ||||||||||||
Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls. | |||||||||||||
Elternunterhaltspflichtiger hat kein Einkommen, nur Taschengeldanspruch gegenüber Ehegatten | |||||||||||||
- Berechnungsbeispiel (Mleczko, NJW 2013, 690) - | |||||||||||||
Eingabe | |||||||||||||
4000 | = Einkommen des Ehegatten des Elternunterhaltspflichtigen | Achtung: | |||||||||||
Elternunterhaltspflichtiger hat kein Einkommen! | Berufsbedingten Aufwand, vorrangige | ||||||||||||
4000 | = Zwischensumme Familieneinkommen | Unterhaltsansprüche, Schulden, Vorsorge | |||||||||||
vorher abziehen. | |||||||||||||
2000 | = Hälfte des Familieneinkommens | "Halbteilungsgrundsatz" | |||||||||||
6 | 120 | =Taschengeldanspruch in bar bei | 6 | Prozent | Achtung: | ||||||||
(Taschengeld = idR 5 - 7 % je nach Einzelfall) | Beim Schwiegerkind soll nur der | ||||||||||||
120 | = Zwischensumme Taschengeldanspruch gesamt | tatsächlich aufgewandte Beitrag zur | |||||||||||
-96 | abzüglich im Selbstbehalt enthaltendes Mindesttaschengeld, | zusätzlichen Altersvorsorge bis zu 5% | |||||||||||
also | 6 | Prozent von SB | 1600 | abzugsfähig sein (BGH NJW-RR 2004, 793 | |||||||||
ergibt | 96 | = Mindesttaschengeld | und FamRZ 2004, 792). | ||||||||||
24 | = Zwischensumme Taschengeldanspruch gesamt | ||||||||||||
davon steht nur die Hälfte des den Mindestselbstbehalt | |||||||||||||
übersteigenden Einkommens für Elternunterhalt zur | |||||||||||||
Verfügung, BGH NJW 2004, 2306 = FamRZ 2004, 1184) | |||||||||||||
Achtung: | |||||||||||||
12 | = Ergebnis Zahlbetrag Elternunterhalt. | Ungeklärt: Darf die einkommenslose | |||||||||||
Elternunterhaltspflichtige weitere Vorsorge | |||||||||||||
betreiben, z. B. 5 % vom "Hausfrauenlohn"? | |||||||||||||
Weitere individuelle Gestaltungsmöglichkeiten je nach Einzelfall. | |||||||||||||
Es empfielt sich rechtzeitige Planung und Beratung. |
Anmerkung zur Berechnung
Anmerkung zur Berechnung
Die Modellberechnung wurde so erstellt, dass sich die Rechenschritte leicht in jede gängige Tabellenkalkulation
übernehmen lassen.
Die Eckdaten gem. BGH: Das selbst genutzte Häuschen bleibt verschont, wie wir es aus auch dem Sozialhilferecht
kennen. Bei Erwerbstätigen sind bereinigt netto 1.600 €/Monat unantastbar. Erwerbstätige dürfen zusätzlich
noch 5 Prozent vom Jahresbrutto zuzüglich Verzinsung ansparen, wie wir es auch aus dem Kindes- und
Ehegattenunterhalt kennen.
Der Pferdefuß: Ist der zum Elternunterhalt Verpflichtete seinerseits bereits im Bezug von Altersversorgung,
dann soll er laut BGH sein Vermögen bis auf einen Notgroschen von jedenfalls 10.000 € aufbrauchen für
seinen eigenen angemessenen Unterhalt, ggf. vorrangige Verpflichtungen, aber auch für den Elternunterhalt.
Das wird dann äußerst problematisch, wenn der Pflichtige nicht bis spätestens zum korrekt nach der
gültigen Sterbetafel errechneten Todeszeitpunkt verstirbt oder wenn er selbst zum Pflegefall wird, also
einen höheren eigenen Bedarf hat, als zum Zeitpunkt der Elternunterhaltsberechnung kalkuliert.
Viele Fragen zum Elternunterhalt sind noch nicht vom BGH geklärt. Darf beispielsweise eine Hausfrau auch
5 % zusätzliche Rücklagen von ihrem Taschengeld ansparen - und von welchen fiktiven Einkommen? Müsste
man in diesem Zusammenhang nicht die Kindeserziehungszeiten wie im Unterhaltsrecht als gleichwertig
zum Erwerbseinkommen ansetzen, wenn nach BGH die Hausfrau sich sogar von ihrem Taschengeldanspruch
am Elternunterhalt zu beteiligen hat?
Die Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen würde den Rahmen jeder Homepage sprengen. Lassen Sie
sich rechtzeitig beraten. Gehen Sie davon aus, dass der Sachbearbeiter des Sozialamts oder der sonstigen Stelle,
die von Ihnen für einen Elternteil Unterhalt verlangt, jedenfalls nicht Ihr Freund ist und dass die Dienstanweisung besteht,
so viel Geld wie möglich von den Angehörigen beizutreiben. Und das geschieht leider oft mit äußerst fragwürdigen
Begründungen und vom Sachbearbeiter "selbst gestrickten" Berechnungen, die einer Überprüfung nicht stand halten.