Scheidungen

Scheidungen

Trennung und gegebenenfalls Scheidung sind für die betroffenen Eheleute Ausnahmesituationen. Lassen Sie sich im Krisenfall rechtzeitig beraten. Kalkulieren Sie für die erste Beratung reichlich Zeit ein. Die Erstberatung, bei Bedarf auch auf mehrere Termine verteilt, sollte gründlich sein. Das spart später Zeit, Geld und Nerven. Sie wissen dann, wo Sie stehen.

Oft funktioniert die perfekte Lösung anders, als man zunächst vermuten könnte. Unterhalt, Zugewinn, eheliche Verbindlichkeiten, die Frage, wer im Haus wohnen bleibt - die einzelnen Aspekte, die regelmäßig im Fall der Trennung zu berücksichtigen sind, beeinflussen sich gegenseitig. Die Probleme sind leichter zu lösen, wenn man rechtzeitig plant und auch die Auswirkungen für die nächsten Jahre einschätzen kann.

Der gerichtliche Teil: Der Scheidungsantrag wird (anwaltspflichtig) bei Gericht eingereicht und nach Zahlung der Gerichtskosten dem anderen Ehegatten zugestellt. Das Gericht prüft die Scheidungsvoraussetzungen (Trennungszeit, Zerrüttung) und führt von Amts wegen den Versorgungsausgleich (Aufteilung der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften) durch, falls keine ehevertragliche Vereinbarung über den Versorgungsausgleich erfolgt ist. Mehr macht das Gericht nicht, wenn die Parteien nicht mehr beantragen. Der Kostenaufwand ist relativ gering und wenn eine der Parteien "prozessarm" ist, tritt die Staatskasse per Verfahrenskostenhilfe (hieß früher Prozesskostenhilfe, noch früher das Armenrecht) in Kostenvorlage.

Alle sonstigen Regelungen kann man außergerichtlich vereinbaren. Unterhalt für die Kinder, den Ehegatten, die Vermögens- und Schuldenausseinandersetzung, Sorgerecht, Umgangsrecht, Hausratsauseinadersetzung oder was auch immer noch zu regeln ist, lässt sich außergerichtlich regeln. Wenn den beteiligten Eheleuten von ihren Beratern juristisch einwandfrei und verständlich vorgerechnet wird, wie es nach der gesetzlichen Vorgabe aussehen würde, dann ist eine vernünftige Verständigung auch über schwierige Positionen wie den Ehegattenunterhalt regelmäßig möglich.

Die anwaltlichen Bearbeitungskosten sind nur ein kleiner Bruchteil bezogen auf die Werte, um die es jeweils geht. Wenn die Mandanten finanziell knapp sind - zwei Haushalte sind regelmäßig teurer als einer - dann lassen sich die meisten Kollegen und auch wir sich auf monatliche Abschläge ein oder versuchen, Verfahrenskostenhilfe zu bekommen.



Gratwanderung

Scheidungen sind oft Gratwanderungen zwischen dem kostspieligen und nervenzehrenden Rosenkrieg und übertriebener Harmoniesucht. Man sollte alle Möglichkeiten kennen, um seine Rechte zu schützen und zu wahren. Mit diesen Mitteln sollte man aber verantwortungsbewusst umgehen.

Die Erfahrung lehrt, dass sich viele Eheleute nach der Scheidung besser verstehen als vorher. Das Leben geht weiter und wenn die Scheidung einigermaßen vernünftig gestaltet wurde, dann gehen die geschiedenen Eheleute später vielleicht einmal gemeinsam zur Taufe der Enkel. Viele Betroffene wollen unbeschadet kurzlebiger Differenzen nur das, was ihnen zusteht. Einen fairen, neuen Start.

Patentrezepte, weise Ratschläge, Stammtischparolen, Wadenbeißerei und Abzocken bringen auf lange Sicht nichts. Der vermeintliche Vorteil an der einen Ecke bringt oft gravierende Nachteile an anderer Stelle. Der Gesetzgeber hat bei der Neuordnung des Verfahrensrechts durch das FamFG praktisch alle Familienrechtssachen anwaltspflichtig gemacht. Die Parteien sollen sich in der Ausnahmesituation der Trennung und Scheidung kompetenter Hilfe bedienen. Damit die Fachanwälte für Familienrecht dieser Verantwortung auch gerecht werden können, ist eine zusätzliche Ausbildung mit einer Abschlussprüfung zum Fachanwalt zur Erlangung des Titels vorgeschrieben. Um den Fachanwaltstitel zu behalten, muss der Fachanwalt für Familienrecht jedes Jahr qualifizierte Fortbildungen nachweisen.


Nur 1 Anwalt?

Die Scheidung ist theoretisch möglich, wenn nur ein Anwalt tätig wird. Empfehlenswert ist das normalerweise nicht.

Jeder Rechtsanwalt darf nur eine Partei beraten. Alles andere ist strafbarer Parteiverrat. Also steht der andere Ehegatte ohne Beratung da, wenn er keinen Anwalt beauftragt. Es gibt auch Fragen, die man im Trennungsfall nicht gerne in Gegenwart des anderen Ehegatten stellt.

Erfahrene Anwälte achten darauf, unnötigen Streit zu vermeiden und den Mandanten auch wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu erarbeiten.

Lösungsbeispiele: Ausgleich des Wegfalls der Steuerklasse III durch das Realsplitting (Abzug des Ehegattenunterhalts vom steuerpflichtigen Einkommen). Abzug der Unterstützung des neuen Partners/Partnerin vom steuerlichen Einkommen (funktioniert ähnlich wie z. B. finanzielle Unterstützung von Verwandten). Einvernehmliche Nutzung der zu teuren Wohnimmobilie bis zur Verwertung. Familienanwälte haben spätestestens nach ein paar hundert Scheidungen Erfahrungen in der Lösung der gängigen wirtschaftlichen Probleme anlässlich Trennung und Scheidung.

Kindesunterhaltstitel aus früherer Beziehung, neue Familie, weitere Kinder und dann plötzlich arbeitslos? Den Abänderungsantrag zur Anpassung an die geänderten Verhältnisse stellt man seit dem 1. Sept. 2009 gem. §§ 238 ff. FamFG. Aber auch § 11b Ziff. 7 SGB II kann hilfreich sein, wenn das Einkommen nicht mehr für den Unterhalt reicht (Abzug titulierter Unterhaltsforderungen vor der Berechnung des Einkommens einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft, die auf ergänzende Unterstützung angewiesen ist, alsdann Aufstockung des Einkommens durch das Amt - und dann kostet die Zahlung des Unterhalts nichts, weil man vom Jobcenter ergänzende Unterstützung bekommt).

Wer sich nicht qualifiziert beraten lässt, um ein paar Euro Kosten zu sparen, ist an seinem späteren Unglück selbst schuld. Mit langjähriger Erfahrung in vielen Scheidungen finden wir in der Regel eine vernünftige Lösung.



Notar?

Zur vermeintlichen Kostenersparnis gehen nicht oder schlecht beratene Eheleute mitunter erst zum Notar und dann zum Anwalt. Das rächt sich in der Regel später: zunächst billig, später aber um ein Vielfaches teurer. Die Funktion des Notars wird falsch eingeschätzt. Der Notar beurkundet. Das ist seine Aufgabe. Der Notar "gibt dem Willen der Partei die richtige rechtliche Form". Nur muss die Beratung vorher stattfinden.

Beispiel: Sie kaufen oder verkaufen ein Hausgrundstück. Dafür müssen Sie zum Notar. Der Notar ist dafür da, den vorher vereinbarten Willen beider Vertragspartner zu beurkunden. Das macht er meist perfekt. Der Notar darf Sie aber nicht darüber beraten, ob der Kaufpreis stimmt (Neutralitätspflicht). Über die wirtschaftlichen oder steuerlichen Folgen wird der Notar regelmäßig nicht beraten. Der Notar rechnet auch nicht durch, ob man sich die Finanzierung leisten kann. Im Klartext: Vor dem Notarvertrag muss alles geplant, durchdacht und geregelt sein. Danach, wenn später die Einsicht und die Reue kommt, ist es zu spät oder kostet richtig viel, wenn man die Fehler zu reparieren sucht.

Der Notar hat die Beurkundungspflicht und das auch dann, wenn ihm die gewünschte Lösung selbst gar nicht gefällt, wenn ihm die gewünschte Lösung als wirtschaftlich unvernünftig oder sogar als unangemessen erscheint.

Bei einer Scheidung: Wenn einer von beiden Eheleuten die Regelung vorbereiten lässt, dann geht der Notar davon aus, dass das so vereinbart und gewollt ist. Die Urkunde wird vorbereitet, im Regelfall im Entwurf beiden Eheleuten zugeschickt, vorgelesen, unterschrieben und das ist es dann. Wenn später das böse Erwachen kommt, dann sagt Ihnen die Rechtsprechung bis zum BGH: Beratung - dafür ist der Rechtsanwalt zuständig. Das weiß doch jeder.

Per Notarvertrag kann man jeden bis an gewisse Grenzen benachteiligen, der auf vorherige Beratung verzichtet. Auch sich selbst - und das passiert gar nicht so selten. Geiz ist nicht immer angebracht. Im Beratungsbereich nie.

Dazu ein weiteres Beispiel. In den gängigen Texthandbüchern für Notare wird regelmäßig empfohlen, dass sich der Notar von der Haftung freistellt mit einer Klausel wie folgt (oder ähnlich):

... Es wurde vom Notar darauf hingewiesen, dass der Abschluss und/oder die Durchführung dieses Vertrags steuerliche, insbesondere ertrags- bzw. schenkungssteuerliche Folgen hat bzw. haben kann, die vom Notar nicht geprüft wurden und über die er nicht beraten hat. Den Parteien wurde ausdrücklich empfohlen, sich diesbezüglich geeignet beraten zu lassen. Die Beteiligten erklärten hierauf, dass sie

- sich nicht steuerlich haben beraten lassen, sie jedoch trotz der durch die fehlende Beratung und die damit verbundenen Gefahren die sofortige Beurkundung wünschen

- (alternativ): Vor Abschluss dieser Vereinbarung haben sich die Parteien steuerlich geeignet beraten lassen und wünschen jetzt die Beurkundung....

Der Notar wird sich im Zweifel also immer an die so genannte 2-stufige Hinweispflicht halten, um seine Haftung zu vermeiden. Das ist zunächst der Hinweis auf die drohende Gefahr wegen unterbliebener Beratung und dann der Hinweis auf die mögliche Lösung, stets verbunden mit dem Satz, dass die Vertragsparteien gleichwohl die sofortige Beurkundung wünschen. Wer dann immer noch glaubt, der Notar würde haften, dem ist nicht mehr zu helfen.

Damit stellt sich die Frage Notar oder Anwalt gar nicht. Der Vertrag muss perfekt vorbereitet sein, bevor man zur Beurkundung einen Notar heranzieht.

In geeigneten Fällen sparen wir Anwälte die Notarkosten komplett einfach dadurch, dass die vereinbarte Regelung gerichtlich per Vergleich protokolliert wird. Das ersetzt die notarielle Beurkundung (§ 127a BGB) und spart damit Geld. Eines der vielen Beispiele, dass die perfekten Lösungen oft anders aussehen, als es mitunter am Stammtisch erzählt wird.

Allerdings werden wir in anderen Fällen gerne einen Notar zur Beurkundung einer sorgfältig ausgearbeiteten Lösung heranziehen. Je nach der konkreten Situation des Einzelfalls, je nach dem Stand der Angelegenheit, bedarf es einer notariellen Beurkundung zur Wirksamkeit der Vereinbarung. Oft ist es auch sinnvoll, durch eine notarielle Vereinbarung eine gerichtliche Auseinandersetzung zu sparen. Wichtig ist in diesen Fällen aber stets, dass die Ehegatten, eben die beiden Partner der notariellen Vereinbarung, vorher geeignet beraten sind und dementsprechend auch genau wissen, was die entsprechende notarielle Vereinbarung für Sie bedeutet.


Mediation

Die Möglichkeit der Mediation wird überschätzt. Der Mediator soll den Parteien helfen, eine eigene Lösung zu finden. Er darf aber nicht rechtlich beraten oder Lösungen vorgeben. Selbst wenn die per Mediation erzielte Lösung juristisch vollkommen unsinnig ist, ungerecht oder falsch - der Mediator darf da nicht eingreifen. Es ist strittig, ob der Mediator den Parteien wenigstens empfehlen darf, das von ihnen selbst gefundene Ergebnis anwaltlich prüfen zu lassen, wenn er erkennt, dass dieses Ergebnis rechtlich falsch und sachlich nicht vernünftig ist.

Damit ist der Mediator aus juristischer Sicht regelmäßig überflüssig. Wenn beide Seiten vorher rechtlich umfassend beraten sind, dann haben sie das rechtliche Ergebnis und die Bandbreite der Lösungen, von denen sie selbstverständlich einvernehmlich abweichen können. Objektiv ist ein Streit dann kaum noch möglich.

Der Mediator ist kein Berater, sondern nur die "neutrale Person in der Mitte", die darauf achten soll, dass sich die Parteien bei der Erörterung nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen. Üblicherweise funktioniert die Mediation: Eine Partei sagt etwas. Daraufhin fragt der Mediator die andere Partei: "Was meinen Sie dazu?" Das Spielchen wiederholt sich, bis eine Lösung gefunden oder eine der beiden Parteien zu müde geworden ist.

Trotzdem kann Mediation mitunter Sinn machen. Die praktische Ausgestaltung des Umgangsrechts der Kinder ist keine primär juristische Frage. Wenn die Eltern eine Lösung gemeinsam suchen - mit Hilfe des Jugendamts, einer Beratungsstelle, eines Mediators - dann ist das einen Versuch wert. Oder auch: Um stundenlang darüber zu diskutieren, wer welchen Kochtopf bekommt, kann das zusätzliche Honorar für einen geschulten Mediator gut angelegt sein.

Im US - amerikanischen Recht - da kommt sie her - mag Mediation sinnvoll sein. In den USA ist aber ein ganz anderes Rechtssystem gegeben. Die Anwalts- und Prozesskosten sind im amerikanischen Recht oft existenzvernichtend hoch. Wenn in Deutschland ein Gerichtsverfahren zur Regelung des Umgangsrechts der Kinder vielleicht 600 Euro Anwaltskosten pro Elternteil verursacht, dann kostet ein entsprechendes Verfahren in den USA mitunter über 20.000 USD - pro Elternteil!

Im internationalen Vergleich funktioniert unsere Justiz ausgezeichnet und relativ preiswert, auch wenn wir gerne darüber schimpfen oder unsere Glossen schreiben. Bereits in England sind die Prozesskosten beispielsweise im Schnitt drei- bis siebenfach höher als in Deutschland. In manchen europäischen Ländern funktioniert die Justiz in weiten Bereichen schleppend bis fast gar nicht. Sicherlich ist bei uns Einiges verbesserungsfähig und verbesserungsbedürftig. Verglichen mit unseren Nachbarländern stehen wir aber gar nicht so schlecht da.

Unsere Regierenden propagieren gerne die Mediation, um Kosten im Bereich der Justiz zu sparen. Den Betroffenen gibt das regelmäßig Steine statt Brot. Zusätzliche Kosten für die Mediation, mangels Rechtskenntnis falsche Lösungsversuche und die steuerlichen Entlastungsmöglichkeiten (und Risiken!) werden in Ermangelung der Kenntnisse sowieso übersehen. Getoppt hat das allerdings noch der Justizminister von Rheinland - Pfalz, der Anfang 2012 allen Ernstes in Erwägung zog, die staatliche Justiz durch islamische Sondergerichte zu entlasten, die dann nach dem Recht der Scharia Konflikte entscheiden.

Meiner Meinung nach ist es für jede Bürgerin, jeden Bürger und auch für den Standort Deutschland ein entscheidender Vorteil, im Bedarfsfall gut ausgebildete Richter und eine funktionstaugliche Justiz zu besitzen. Das gehört zum Rechtsstaat und bewahrt uns auch international Standortvorteile. Leider fehlen nach der Einschätzung des Richterbundes (Jahr 2017) circa 2.000 Richter und Staatsanwälte, die wiederum
Geschäftsstellenmitarbeiter/innen pp. benötigen würden. Diese Entwicklung stimmt bedenklich.


Internationales Scheidungsrecht

Neben dem nationalen, aus unserer Sicht deutschen Scheidungsrecht findet immer mehr auch das internationale Scheidungsrecht Beachtung und gewinnt an Bedeutung. Von den rechtlichen Vorgaben her müssen wir auch in Deutschland häufig das europäische Rechts beachten. Diese Vorgaben werden teilweise nach den Vorschriften der EU in deutsches Recht umgesetzt. Teilweise gelten die europäischen Vorschriften auch direkt mit unmittelbarer Wirkung in Deutschland.

Zusätzlich haben wir dann die Fälle, in denen es darum geht, dass beispielsweise deutsche Staatsangehörige eine Ehe im Ausland geschlossen haben. Wir haben auch mehr und mehr die Fälle, in denen die Eheleute verschiedene Nationalitäten haben, also eben nur ein Ehegatte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ferner sind die Fälle, in denen beide Ehegatten eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen, aber in Deutschland wohnen, keine Seltenheit mehr.

Bei allen dieser Fälle haben wir eine Gemeinsamkeit. Wir können hier in Deutschland, vor einem deutschen Familiengericht, grundsätzlich jede Ehe scheiden. Dabei ist es gleichgültig, in welchem Land die entsprechende Ehe geschlossen worden ist und welche Nationalität die Eheleute haben. Wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, dann kann jede Ehe in Deutschland geschieden werden. Dabei sind allerdings die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zu beachten. Der Grund dafür, dass jede Ehe in Deutschland geschieden werden kann, besteht letztlich in der Rechtsprechung unseres Bundesverfassungsgerichts. Danach entspricht es eben nicht den Bestimmungen in unserem Grundgesetz, dass eine Ehe tatsächlich unauflösbar für alle Zeiten gelten soll.

Konkret bedeutet dieser Grundsatz, dass wir in Deutschland auch Ehen von Ausländern rechtswirksam scheiden können, in deren Heimatland eine Ehescheidung überhaupt nicht möglich ist. Wir können hier auch Scheidungen vornehmen, wenn die Voraussetzungen für eine Ehescheidung nach dem Heimatrecht der jeweiligen Ausländer nicht oder noch nicht gegeben wäre. In diesen Fällen sollte man allerdings nach Möglichkeit darauf achten, dass eine in Deutschland und nach unserem Recht rechtswirksam ausgesprochene Scheidung später einmal auch in dem Heimatland der Eheleute anerkannt werden wird. Wir müssen also einmal das nationale Recht im Auge behalten, damit die Scheidung in Deutschland problemlos durchgeführt werden kann. Zusätzlich sollten wir auch jeweils das ausländische Recht berücksichtigen, damit eine spätere Anerkennung der in Deutschland ausgesprochenen Scheidung im jeweiligen Heimatland der Beteiligten möglichst einfach und kostengünstig erreicht werden kann.

Konkretes Beispiel: wenn die Eheleute seinerzeit als russische Staatsangehörige in der ehemaligen UDSSR die Ehe geschlossen haben und jetzt in Deutschland wohnen, dann können wir einfach, falls die Scheidung einvernehmlich gestaltet werden kann, das entsprechende Rechtssystem ausnutzen. In einem solchen Fall ist eine Scheidung grundsätzlich nach russischem Recht möglich, also mit einer einvernehmlichen Erklärung vor einem russischen Notar. Diese Scheidung wird dann später auch in Deutschland anerkannt. Neben den üblicherweise niedrigen Kosten für einen russischen Notar kommen allerdings entsprechende Übersetzungskosten hier in Deutschland für die Anerkennung der in Russland einvernehmlich vor einem Notar durchgeführten Scheidung hinzu.

Ein anderes Beispiel: die Eheleute, aus dem Iran stammend, haben damals im Iran die Ehe geschlossen. Wenn einer der Ehegatten jetzt in Deutschland wohnt, dann ist die Scheidung in Deutschland möglich. Zur Beschleunigung des Scheidungsverfahrens sollte der andere Ehegatte dann allerdings, wenn er keinen Wohnsitz in Deutschland hat, nach Möglichkeit einen für das gerichtliche Verfahren Zustellempfangsbevollmächtigten in Deutschland benennen. Über diesen kann dann viel schneller zugestellt werden als im Wege der Auslandszustellung. Außerdem erspart man sich damit die entsprechenden Übersetzungskosten. Damit eine solche Scheidung allerdings dann später auch im Iran, also dem Heimatland der Eheleute, anerkannt wird, sollte man auch entsprechende Kenntnisse im islamischen Scheidungsrecht besitzen und insbesondere in der üblichen Anerkennungspraxis im Iran, Scheidungen betreffend, die in Deutschland vorgenommen worden sind.

Je nach der Interessenlage kann man auch auf ein ausländisches Familienrecht ausweichen. So kann beispielsweise eine deutsche Staatsangehörige mit einem gemeinsamen, minderjährigem Kind die Zuständigkeit eines Gerichts in der Schweiz erreichen. Das kann in Bezug auf den Unterhalt für eine getrennt lebende deutsche Ehefrau äußerst vorteilhaft sein. Andererseits kann ein deutscher Ehemann, der eine Ehegattenunterhaltsverpflichtung nach deutschem Recht befürchtet, die entsprechenden Voraussetzungen dafür schaffen, für sein Scheidungsverfahren und insbesondere das Ehegattenunterhaltsrecht das österreichische Recht zu erzielen: wenn der Wohnsitz nach Österreich verlagert wird, dann wird nach einer entsprechenden Aufenthaltsdauer in Österreich eben dieses Recht des Aufenthaltsorts angewendet. Nach österreichischem Recht gilt das so genannte Schuldprinzip, das wir hier in Deutschland bis zum Jahr 1978 noch hatten. Danach gilt ein so genanntes böswilliges Verlassen als Scheidungsgrund und führt zum Wegfall des Ehegattenunterhalts.

Ein prominentes Beispiel eines solchen "forum shopping" war vor einiger Zeit die Ehefrau eines in München wohnhaften, seinerzeit bekannten Tennisspielers. Anlässlich der Trennung entsann sich diese Ehefrau, dass sie neben der deutschen auch die US amerikanische Staatsangehörigkeit besaß. Dementsprechend zog sie mit dem gemeinsamen Kindern nach Florida. Damit konnte sie vor einem amerikanischen Gericht die Geltung ihres Heimatrechts, des "domicile law", beanspruchen. Das brachte ihr eine Abfindung in einer Größenordnung von jedenfalls über 10 Millionen.

In vielen Fällen wird man mit dem üblichen Handwerkszeug auskommen können: eine vernünftige Regelung, die beiden Eheleuten einen neuen Start ermöglicht und alsdann die einvernehmliche Durchführung des Scheidungsverfahrens. In geeigneten Fällen sollte man aber eben auch nicht davor zurückschrecken, ruhig einmal internationales Recht mit in die Überlegungen einfließen zu lassen.

Als Bonmot und Trost für gestresste Eheleute in der Trennungsphase kann man aus dem islamischen Scheidungsrecht zitieren:

"Die Scheidung ist keine Strafe, sondern eine Heilung. Die Scheidung ist kein Schaden, sondern die Behebung eines Schadens. Darüber sind sich die islamischen Gelehrten einig..... Die Scheidung schafft keine Probleme, sondern ist deren Lösung. Allerdings darf die Scheidung die Menschenwürde, insbesondere die der Frau, nicht verletzen." Zitiert aus: Die Scheidung nach islamischem Recht, islamische Bibliothek, Verfasser Muhammad Ibn Ahmad Ibn Rassoul, Seite 64, 65 in der deutschen Ausgabe ISBN 3-8217-0193-5.

Die vorstehend zitierte Bewertung trifft in den meisten Scheidungsfällen zu. Oft geht es den Eheleuten, beiden Eheleuten, besser, wenn die Trennungsphase und das Scheidungsverfahren durchgestanden sind. Aus den Erfahrungen der Jugendämter, aber auch aus den Ergebnissen von Sorgerechts – und Umgangsrechtsverfahren kann man entnehmen, dass sich die geschiedenen Eheleute nach der Scheidung eben oft viel besser verstehen als vorher. Selbstverständlich gilt das nicht für alle Fälle, aber glücklicherweise für die Mehrzahl.




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